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Jan. 01

Bericht zum 25. Erfurter Schachfestival

25. Erfurter Schachfestival (Bericht von Daniel Hendrich)

Zum zweiten Mal spielte ich „zwischen den Jahren“ beim Erfurter Schachfestival mit. Im Vorjahr lief es mit 2,5/7 (5 Remis, 2 Niederlagen und dazu noch ein kampfloser Sieg) gegen durchweg +2000-Gegner für meine Verhältnisse hervorragend.

Vorab einige Worte zum Turnier: In vier Gruppen (Meister-, Haupt-, Amateur- und Seniorenturnier) nahmen insgesamt 429 Spieler teil – das Erfurter Schachfestival gehört damit zu den größten Open-Turnieren in Deutschland. Gespielt wird im 4-Sterne-Hotel Radisson Blu, das neben modernen Zimmern und einem hervorragenden Frühstücksbüffet auch gute Spielbedingungen bot. Das Meisterturnier findet übrigens in den Konferenzräumen im 17. Stock statt, von wo man eine tolle Aussicht auf Erfurt und die Umgebung genießen kann. Das Turnier steht unter der Leitung von Turnierdirektor Daniel Wanzek und einem großen Schiedsrichterteam, in diesem Jahr übrigens angeführt von IA Gregor Johann. Das Orga-Team gibt sich große Mühe, den Teilnehmern mehr zu bieten als bei anderen Turnieren; so werden vor jeder Runde kleine Preise verlost, es gibt ein Würfelblitz- und mehrere Kartenturniere.

Im Meisterturnier war ich unter 165 Spielern die Nr. 152 der Setzliste. Mein Ziel war eine Wiederholung des Vorjahresergebnisses und vielleicht sogar eine Gewinnpartie. In der ersten Runde gegen Huy Dat Nguyen (ELO 2143/DWZ 2050) kam ich mit Weiß recht gut aus der Eröffnung, hatte aber keinen wirklichen Plan zur Entwicklung meiner Figuren. Mein Gegner hatte einen, drang durch das Zentrum in meine Stellung ein und konnte recht schnell gewinnen. Runde zwei mit Schwarz gegen Gerd Bader (2078/2002). Weiß wählte mit Sf3, d3, Sbd2 usw. einen ungewöhnlichen Aufbau, und ich konnte am Damenflügel angreifen. Nach einigen ungenauen Zügen übersah mein Gegner zwar den direkten taktischen Gewinn, aber ich musste einen Bauern geben. Beim Übergang ins Endspiel übersah mein Kontrahent jedoch eine Zugfolge, mittels der ich in ein Endspiel mit ungleichfarbigen Läufern abwickeln konnte. Dieses hielt ich nach 74 Zügen und fast fünf Stunden tatsächlich remis. Über die dritte Partie gegen Viktor Pererva (2069/1989) gibt es nicht viel zu sagen, da ich dort schon in der Eröffnung ersatzlos eine Figur einstellte – das ist mir schon viele Jahre nicht mehr passiert. Am nächsten Morgen ging es dann mit Schwarz gegen Karl-Simon Altstadt (2028/1990). Im Sizilianer griff Weiß direkt an, und ich geriet schnell in Schwierigkeiten. Zwar konnte ich diverse taktische Schläge (u. a. zwei Turmopfer) noch parieren, doch das weiße Spiel war zu druckvoll. Zur Halbzeit also 0,5/4, da musste noch etwas mehr kommen! In der fünften Runde spielte ich mit Weiß gegen Ulrich Gehrmann (2009/1956). Ich fühlte mich in der Stellung beinahe die ganze Zeit unwohl, doch die nachträgliche Analyse zeigte, dass ich wohl immer minimal besser stand. Schließlich übersah mein Gegner, dass ich auf f7 einschlagen und einen Bauern gewinnen konnte. Da die Stellung anschließend verflachte, ging ich auf Nummer sicher und bot Remis an. Die – zum Glück – letzte Niederlage des Turniers kassierte ich in Runde sechs gegen Gengchun Wong (2030/1968). Wiederum gab es eine scharfe Angriffspartie, in der ich auf die Rochade verzichtete und mich lange Zeit gut verteidigte. Leider versäumte ich den richtigen Zeitpunkt, am Königsflügel Bauern zu tauschen, und mein Gegner konnte sich zwei Freibauern bilden, die letztlich zum Sieg ausreichten. Mit 1/6 war ich akuter „Freilos-Gefahr“, doch das Teilnehmerfeld blieb zum Glück stets geradzahlig. Allerdings hatte ich keine Ambitionen mehr, eine Partie zu gewinnen und wollte das Turnier schnell zum Abschluss bringen. In Runde sieben gegen Sven Helms (2045/1939) kam die französische Abtauschvariante aufs Brett und ich konnte ohne Probleme nach 18 Zügen ein Remis erreichen. Die letzte Partie gegen Stephan Münzberg (2036/1890) war evtl. sogar meine beste – ich konnte im geschlossenen Sizilianer schnell Vorteil erlangen und machte am Damenflügel Druck. Doch letztlich fehlte mir die Motivation, nochmal tief in die Stellung einzusteigen, und mein Gegner freute sich über das Remisangebot.

Am Ende also vier Remis und vier Niederlagen, die ein paar DWZ-Punkte bringen und ein paar mehr ELO-Punkte kosten werden. Mit meinem Schach bin ich nicht ganz unzufrieden, vielleicht waren die Erwartungen nach dem letztjährigen Ergebnis aber auch einfach zu hoch. Das Turnier selbst war jedenfalls sehr schön, und ich bin im nächsten Jahr gerne wieder dabei.

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