«

»

Apr 10

Abschlussbericht zur Rheinlandpfälzischen Jugendeinzelmeisterschaft in Bad Neuenahr

(Bericht von Dr. Werner Mühlpfordt)

Drei Lambsheimer bei der Rheinland-Pfalz-Jugendmeisterschaft 2016 in Bad Neuenahr-Ahrweiler

Die Rheinland-Pfalz-Meisterschaften U14 bis U18 fanden dieses Jahr vom 29. März bis zum 2. April in Bad Neuenahr-Ahrweiler statt. Die Jugendherberge, in der das Turnier ausgetragen wurde, liegt malerisch zwischen der Ahr und nahen Weinbergen – ein wunderbarer Ort zum Schach spielen. Vor allem aber ging es bei diesem Turnier um den prestigeträchtigen Titel des Landesmeisters und nicht zuletzt auch um die Qualifikation zur Deutschen Meisterschaft, so dass die Teilnahme natürlich heiß begehrt war.

Gleich drei Lambsheimer Jugendspieler schafften es, das Ticket zu lösen, sei es durch direkte Qualifikation oder durch Nachnominierung aufgrund überzeugender Turnierleistungen. In der U18 trat Felix Wacker an, in der U16 sein Bruder Andreas, und in der U14 spielte Thomas Mühlpfordt als frisch gebackener Pfalzmeister.

Die erste Runde fand am Nachmittag des Anreisetages statt – erst mal gab es einen gemeinsamen Pizzaschmaus in der malerischen Altstadt von Bad Neuenahr, und dann konnte es auch gleich losgehen. Für Andreas begann das Turnier mit einem Paukenschlag: der hoch favorisierte Pascal Karsay, mit einer Wertungszahl von fast 2000 ein Mitfavorit für den Turniersieg, wickelte ein ausgeglichenes Damenendspiel in ein Bauernendspiel ab, in dem der Andreas‘ König in die schwarze Bauernstellung vordringen und die Partie entscheiden konnte – Sieg für Andreas! Thomas kam mit Schwarz gegen Alexander Rühl gut aus der Eröffnung und konnte die Partie schon bald im Königsangriff für sich entscheiden. Nur für Felix lief es nicht gut: nach einer stark positionell geprägten Eröffnung verlor er den Faden und wurde von Simon Frohnhäuser schließlich am Königsflügel überspielt.

P1010331Der zweite Tag hielt für die Teilnehmer eine „Doppelrunde“ bereit: um 8:30 begann die zweite Runde, und nach kurzer Essenspause gleich die dritte: insgesamt bis zu 10 Stunden hochkonzentrierte Anstrengung für unsere Jugendspieler. Hier zählte also die Ausdauer, und die Kräfte wollten auch gut eingeteilt sein. In diesem Sinne remisierte Felix schon im 18. Zug, nachdem sich in seiner Partie gegen Florian Kappelmann nach der Eröffnung keine zwingenden Pläne mehr ergaben. Auch Andreas remisierte mit Schwarz gegen Andre Bold, nachdem er ein Turmendspiel mit etwas schlechterer Bauernstruktur zäh und letztlich überzeugend verteidigt hatte. In Thomas Partie gegen den mitfavorisierten Paul Hinrichs hatte der Lambsheimer nach der Eröffnung zunächst einen kleinen Vorteil, einen unvertreibbaren Springer im Zentrum, der aber nichts entscheidendes erreichen konnte. Thomas ließ schließlich dessen Abtausch zu und kämpfte im Turmendspiel weiter. Nach komplizierten Verlauf konnte sich sein g-Bauer durchsetzen, so dass Thomas eine Dame gegen Pauls verbliebenen Turm behielt. In diesem komplizierten Endspiel schaffte es Thomas, den Gegner stark unter Druck zu setzen, geriet aber in seiner Bedenkzeit so in Rückstand, dass er schließlich mit nur 57 Sekunden auf der Uhr remis anbot. Das nahm der Gegner (der zwei Züge später seinen Turm hätte hergeben müssen, wie die Analyse zeigte), auch sofort an. Auch in der dritten Runde ging es letztlich sehr friedlich zu: gegen den nominell etwas stärkeren Richard Muckle wählte Andreas eine sehr remisträchtige Eröffnung, die schließlich die gewünschte Punkteteilung lieferte. Thomas spielte gegen David Meier, den er schon von der Pfalzmeisterschaft als sehr starken Gegner kannte. Nach ruhiger Eröffnungsphase ergab sich eine Stellung mit der Möglichkeit zur Zugwiederholung, die beide Kontrahenten auch dankbar annahmen: remis. Felix schließlich remisierte gegen den starken Philipp Reitz mit der gleichen Variante, mit der sein Bruder Beton gerührt hatte. Somit standen als Tagesausbeute aus 6 Partien auch 6 Remis auf der Liste.

P1010325Der nächste Turniertag hatte neben der vierten Runde einen freien Nachmittag zu bieten, an dem die Turnierorganisatoren einiges an launigem Entspannungsprogramm anboten. Doch zuerst musste gespielt werden! Unserem Andreas, der mit 2 aus 3 gut platziert stand, hatte das Schweizersystem den übermächtigen Julius Muckle als Gegner beschert, mit mehr als 400 Punkten DWZ-Vorsprung. Nachdem Andreas die Eröffnung noch ausgeglichen gestalten konnte übernahmen Julius‘ Figuren langsam die Kontrolle auf dem Brett, und er konnte schließlich mit einem Abzugsangriff gewinnbringenden Vorteil erreichen. Einen Teil davon konnte Andreas im weiteren Verlauf mit zäher und genauer Verteidigung zwar neutralisieren, aber er verbrauchte dabei soviel Zeit, dass er schließlich durch Zeitüberschreitung verlor. Eine große kämpferische Leistung, die trotzdem leider nicht belohnt wurde. Thomas spielte gegen Elias Roos, einen direkten Konkurrenten um die Qualifikation zur Deutschen Meisterschaft, den er mit den weißen Steinen aus der Eröffnung heraus beträchtlich unter Druck setzen konnte. Die Partie gipfelte in einer Stellung, in der Thomas ein und entscheidendes Figurenopfer hätte bringen können – angesichts des gut versteckten stillen Zuges in der Kombination übersah er diese Möglichkeit allerdings und willigte wenig später ins Remis ein. Felix kam gegen Marc-Andre Bach zunächst gut aus der Eröffnung und konnte seinem Gegner einen schwachen Zentralbauern anhängen. Nachdem er die Stellung weiter verstärken und schließlich in ein gewonnenes Doppelturmendspiel überführen konnte, erwischte ihn sein Gegner bei einem taktischen Lapsus, der den ganzen Turm kostete. So wurde aus dem fast sicheren Sieg leider doch noch ein unerwünschtes Osterei.

P1010314Der nächste und vorletzte Turniertag war wieder ein doppelrundiger, die Runden fünf und sechs sollten die Weichen stellen für den Turnierausgang. Insbesondere für Thomas, der sich nach rechnerischer Lage der Dinge noch Hoffnung auf die Qualifikation zur Deutschen Meisterschaft machen konnte, ging es also „um die Wurst“. Mit Schwarz konnte er aus einer schwerblütigen Eröffnung gegen Till Hermanns die Stellung ausgleichen und sah sich gezwungen, angesichts des Turnierstands die Stellung zu verschärfen, was ihm auch durchaus gelang. Till ließ sich aber nicht aus der Ruhe bringen und spielte genaue Züge, so dass letztlich kein Vorteil zu holen war. In beiderseitiger Zeitnot hatte Till sogar einmal eine Chance, die Partie mit einem raffinierten Damenzug zu seinem Gunsten zu wenden, was ihm aber entging. Das ausgekämpfte Remis war letztlich voll in Ordnung – und für die Turnierlage nicht so ungünstig wie befürchtet, weil andere Partien der Runde passend ausgingen. Andreas hatte in der Vormittagsrunde mit Elias Müller zu tun, mit 150 Punkten Wertungsvorsprung keinem leichten Gegner. In einer Stellung mit blockiertem Zentrum konnte er Elias mit einem Springermanöver am Damenflügel unter Druck setzen und einigen Vorteil herausspielen, da der weiße König kein sicheres Gelände mehr erreichen konnte. Im Angriffsfieber vernachlässigte er aber den Abschluss seiner Figurenentwicklung, den er mit einem Bauernopfer im Zentrum hätte vorantreiben können. Elias konnte Gegenspiel erlangen und auf der weißen Diagonale mit seinem Läufer zum Angriff blasen, der ihm nach einem taktischen Fehler von Andreas schließlich den Sieg brachte. Bitter, da wäre für unseren Jugendspieler wohl mehr drin gewesen, aber man lernt manchmal leider auch durch Erfahrung – und dann umso gründlicher, was ja schon wieder positiv ist. Felix‘ fünfte Runde brachte ein Partie gegen den starken Michael Diesenhof und begann mit einer langen Theorievariante, die Felix mit Weiß eine annähernd ausgeglichene Ausgangslage einbrachte. Als Reaktion auf einen Durchbruch seines Gegners im Zentrum startete mittels Bauernopfer einen Königsangriff, konnte damit aber nicht durchdringen und fand sich in einem Doppelturmendspiel wieder, das angesichts des geopferten Bauern nicht leicht zu spielen war. Darin konnte er den Bauern zurückgewinnen und ein Turmpaar tauschen, was zu einem kniffligen Turmendspiel vom Typ „Horizontalsperre gegen Vertikalsperre“ führte. Ein schwächender Bauernzug, der dem Gegner die Bildung eines Freibauern erlaubte, gab schließlich den Ausschlag zugunsten des Gegners. Die Nachmittagspartie für Thomas ging gegen seinen Namensvetter aus dem Hause Riedel, gegen den „unser“ Thomas schon seit U10-Zeiten auf Rheinland-Pfalz-Turnieren immer wieder spielen durfte, gegen der aber er bisher vorwiegend den Kürzeren gezogen hatte. Thomas Riedel griff diesmal mit Schwarz zu einer ungewöhnlichen Eröffnung, in der er Weiß das Zentrum überließ – erlaubte aber nach einem Zentrumsvorstoß des Lambsheimers einen Zwischenzug, der eine Figur gewann. Weiß konnte das überlegene Material gut in Szene setzen und gewann schnell, so dass er seine Chance zur DM-Qualifikation in die Schlussrunde mitnehmen konnte. Felix hatte als Gegner den zu diesem Zeitpunkt alleine führenden Patrick Buhr zugelost bekommen, und konnte gegen ihn mit Schwarz problemlos den Anzugsvorteil neutralisieren. In der Folge nutzte Weiß nach einigen Ungenauigkeiten weder die strategischen noch die taktischen Möglichkeiten seiner Stellung, und Felix erlangte langsam aber stetig Übergewicht am Damenflügel. Patrick griff schließlich in der Verteidigung gegen den vorgerückten b-Bauern fehl, was erst einen Springer kostete und dann – nach abgebrühter Endspielführung von Felix – die Partie zugunsten des Lambsheimers entschied. Andreas spielte an diesem Nachmittag gegen Tim Hendrick Ronge, einem Wertungsriesen mit mehr als 2000 Punkten. In der Partie ergab sich nach wechselvollem Mittelspiel ein Endspiel, in dem Andreas‘ Springer es mit Tims Läufer zu tun hatte. Obwohl – günstig für die Läuferpartei – auf beiden Flügeln noch Bauern verblieben waren und Schwarz einen Mehrbauern gegen Andreas hatte, hätte Andreas mit seinem aktiveren König die Stellung halten – und einen winzigen Moment lang sogar gewinnen können. Letztlich setzte sich aber die Routine seines Gegners durch, ein Vorteil der ja gerade im Endspiel oft Gewicht hat.

P1010430Vor der Schlussrunde ging es nun für Felix und Andreas noch um die Ehre und natürlich um Wertungspunkte, für Thomas war aber bei einem Sieg noch die DM-Qualifikation in Reichweite – bei günstigem Ausgang am Nachbarbrett würde sogar ein Remis reichen. Für Felix war die Partie schnell vorbei: nach ruhiger Eröffnung bot Fabian Mäurer, der den erhofften Turniersieg angesichts des vorherigen Verlaufs des Turniers nicht mehr erreichen konnte, früh remis an, was Felix auch annahm. Andreas erreichte aus der Eröffnung heraus nichts entscheidendes gegen Christoph Schäfer und willigte ebenfalls früh ins Remis ein. Währenddessen konnte Thomas seinen Gegner, David Musiolik, in einer scharfen Stellung mit ungleichen Rochaden unter Druck setzen. Am Nachbarbrett war zu diesem Zeitpunkt bereits eine Entscheidung gefallen, womit Thomas ein Remis reichte, um sich für die Deutsche Einzelmeisterschaft zu qualifizieren. So endete auch diese Partie früh: David willigte ins Remis ein.

P1010425Unter dem Strich stehen für Felix als Sechstplatzierten der U18 2.5 Punkte und leider auch ein Verlust von 35 Wertungspunkten. Andreas schloss das U16-Turnier als Neunter von 14 Teilnehmern ebenfalls mit 2.5 Punkten ab, was aber angesichts seiner starken Gegner einen Gewinn von 24 Wertungspunkten ergibt. Thomas erreichte ungeschlagen als Vierter von 14 Spielern mit 4.5 Punkten erstmals die Qualifikation zur Deutschen Einzelmeisterschaft, ein sehr erfreulicher Erfolg! Ein Plus von 33 Wertungspunkten gab es noch dazu. Insgesamt war „die Rheinland-Pfälzische“ für uns eine intensive und spannende Schachwoche mit viel Licht und etwas Schatten. Auf Wiedersehen im nächsten Jahr!

 

 

1 Ping

Kommentare sind deaktiviert.